Gottes Spuren in meinem Leben

Für Jesuiten ist die „Geistliche Begleitung“ ein wichtiger Bestandteil gelebter Gottesbeziehung. Pater Josef Maureder SJ begleitet seit vielen Jahren Mitbrüder und Gläubige. Er beobachtet seit langem den Gewinn einer geistlichen Begleitung.

„Kann ich mal vorbeikommen? Ich glaub, ich brauch da jemanden, der mir bei der Su­che und im Durcheinander etwas weiter­hilft!“ Oder: „Hätten Sie Zeit für eine geistliche Begleitung?“ So kommen immer wieder Anrufe oder Mails mit der Bitte um ein Gespräch oder regelmäßigere Begleitung. Daraus wer­den oft geistliche Begleitungen über einige Monate, manchmal über zwei, drei Jahre.


Was ist geistliche Begleitung?

Bei uns im Kardinal König Haus in Wien melden sich Frauen und Män­ner, die bewusster und erfüllter leben wol­len, die einfach „mehr“ aus ihrem Leben machen möchten. Oft ist eine Sehnsucht da, die Spuren Gottes im eigenen Leben deut­licher zu sehen und ihnen zu folgen. Man­che möchten aus einer Krise herauskom­men, es steht ein Neubeginn an oder eine wichtige Entscheidung rückt näher. Neben Raum und Zeit für persönliches Nachden­ken und Beten wünschen sie sich als Hilfe einen erfahrenen Menschen an der Seite: jemand, der zuhört, versteht und mitgeht.

Ein Weg zu „mehr“ Leben

"Es tat so gut, dass ich ganz eigenständig und frei meinen Weg entdecken und wählen konnte", so verabschiedete sich einmal eine junge Frau aus der geistlichen Beglei­tung. Gute geistliche Begleiter*innen mit Gespür für Gottes einzigartiges Wirken ha­ben nie "den besseren Weg" oder "die rich­tige Methode", die allen übergestülpt wird, und sie benehmen sich gewiss nicht als Gu­rus. Als begleitete Person bin ich frei, darf meinen persönlichen Weg suchen und werde stets darin bestärkt, meinen Blick auf Wesentliches, auf mein Leben mit Gott auszurich­ten. Entscheidend ist von Anfang an, dass ich demjenigen oder derjenigen, die mich beglei­tet, menschlich vertrauen kann, ich ihn/sie geistlich und fachlich glaubwürdig erlebe.
 

Gott wird mein Freund

Es ist ein schöner Weg im Gebet und in geistlicher Begleitung, wenn es ge­lingt, „das eigene Leben zu ordnen“ (Ignatius von Loyola), Leben bewusst zu gestalten. Eine weitere Frucht ist wach­sende Beziehungs‑ und Liebesfähigkeit. Dankbar lerne ich Gottes Gegenwart „er­fahren“, „sehe“ wie viel Gott für mich getan hat und täglich tut. Gott wird mein Freund, verbindliche Beziehungen zu anderen wach­sen, Glaubensgemeinschaft entsteht.

In Entscheidungsprozessen erlebe ich es als besondere Frucht geistlicher Begleitung, wenn der dreifache Klang der einen Stimme Gottes gehört und in Einklang gebracht wird. Da ist mal wichtig, „meine Natur“ zu beachten, das Gewordensein, meine Bedürf­nisse, Stärken und Schwächen. Durch sie zeigt Gott an, was ich kann, was mich nicht überfordert. Gleichzeitig sind die „tiefer liegenden Sehnsüchte“ freizulegen, ist zu er­spüren, was mir wirklich Freude macht, was ich von Herzen gerne tun möchte. Sehn­sucht ist der zweite Klang der einen Stimme Gottes. Schließlich gibt es für jeden Men­schen einen „Anruf von außen“ durch das Wort Gottes, im Gebet, durch Situationen und Begegnungen, im Schrei der Armen. Dies ist der dritte Klang der einen Stimme Gottes: das, was ich glaube, tun zu sollen. Eine Entscheidung liegt richtig, das Leben wird stimmig und erfüllend, wenn dieser dreifache Klang der einen Stimme Gottes in Einklang kommt: wenn ich entscheide und lebe, was ich gleichzeitig kann, möchte und soll. Ein verlockendes Ziel ehrlicher Weg­suche und geistlicher Begleitung!
 

Ein menschlicher Rahmen

Gewöhnlich trifft man sich mit dem/der Begleiter/in am vereinbarten Ort etwa eine Stunde einmal im Monat, mit guten Gründen auch öfters. Begleitungsgespräche bei Einkehrtagen oder Exerzitien sind etwas kürzer aber meist täglich. Wer zur Begleitung kommt, gibt selbst Offenheit, Thematik und Schnelligkeit der Schritte vor. Alles darf und soll Platz haben: Erfahrungen, Dunkel und Licht des Lebens, Fragen und neue Perspek­tiven. Zentral bleibt die Frage nach Gott, die persönliche Gottesbeziehung. Als Begleiter gehe ich wach mit, helfe die Dinge im Licht Gottes sehen und annehmen und ermutige dazu, in konkreten Schritten die Liebe in die Tat umzusetzen.

„Was bin ich schuldig?“ so werde ich manchmal am Ende eines Gesprächs oder einer längeren Begleitung gefragt. Meist ist es ein kostenfreier Dienst. Manche geben eine freiwillige Spende. Innerhalb von Kursen wird ein kleiner Beitrag für die Begleitung erbeten. „Aber die schönste Bezahlung für mich ist“, so meine Antwort, „wenn Du im Alltag bewusster und froher mit Gott lebst und als Christ ein Mensch für andere geworden bist“.

Autor: P. Josef Maureder SJ

Pater Josef Maureder SJ ist 1961 in Niederwaldkirchen (Oberösterreich) geboren und 1979 in die österreichische Provinz der Jesuiten eingetreten. Er hat in München (Philosophie), Frankfurt (Theologie) und Rom (Psychologie) studiert und wurde 1988 in Wien zum Priester geweiht. Von 1996 bis 2006 hat er als Verantwortlicher für die Berufungspastoral junge Erwachsene in Linz begleitet. Von 2007 bis 2015 war er Novizenmeister der Jesuiten für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Seit 2015 arbeitet er als Leiter des Bereichs Spiritualität und Exerzitien im Kardinal König Haus in Wien.

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